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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.02.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 404/04
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, ArbGG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1
BGB § 315
BGB § 611
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BetrVG § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 404/04

Verkündet am: 17.02.2005

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts T./Rhein vom 22.04.2004 - AZ: 4 Ca 3717/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der dem Kläger gegenüber ausgesprochenen ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung.

Der Kläger ist 45 Jahre alt und bei der Beklagten mit Vertrag vom 03.06.1993 zuletzt als Obermonteur auf der "Baustelle BASF S GmbH" beschäftigt. Sein Stundenlohn betrug zuletzt 8,63 EURO.

Die Beklagte führt am Standort Z. für die dortige "Baustelle BASF Z. GmbH" aufgrund eines Rahmenvertrages Rohrleitungsbauarbeiten aus. Neben der Baustelle in Z. unterhält die Beklagte noch weitere vergleichbare Arbeitsstätten in S, T., X. am Main und in Y.. Außer den Arbeiten für die BASF Z. hat die Beklagte in Einzelfällen vom Arbeitsort Z. aus auch noch für andere Unternehmen Aufträge ausgeführt; so etwa für die W. Industriekälte GmbH, für V., für die Ölhafen U. GmbH und für die Biodiesel U. GmbH.

Da die Beklagte im Juli des Jahres 2003 den Zuschlag für die Baustelle Z. nicht wieder erhielt und der Rahmenvertrag an einen anderen Anbieter vergeben wurde, entschloss sie sich die dortigen Arbeiten zum Ende der Laufzeit des alten Rahmenvertrags, das war der 31.12.2003, einzustellen und den dort tätigen Arbeitnehmern die Kündigung zu erklären.

Ein Betriebsrat besteht am Ort in Z. nicht. Den Betriebsrat in T. haben die Mitarbeiter aus Z. nicht mitgewählt. Er wurde im Zuge der Kündigungen auch nicht angehört.

Die Beklagte sprach dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 25.8.2003, zugegangen am 26.8.2003, die Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse zum 31.12.2003 aus. Das Kündigungsschreiben hatte der seinerzeitige Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet.

Die Betriebsorganisation der Beklagten sah zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am Standort Z. so aus, dass es einen Betriebsstättenleiter gab, eine Sekretärin, mehrere "Gruppenleiter" und dazu noch die vor Ort eingesetzten Monteure. Ob daneben noch eine Ingenieurin fest vor Ort eingesetzt war, ist zwischen den Parteien umstritten.

Dem Betriebsstättenleiter oblag in Z. die Erstellung und Kalkulation von Einzelaufträgen und von Angeboten, die aufgrund des Rahmenvertrages an die BASF Z. - wie in Einzelfällen auch an andere Unternehmen - abgegeben wurden. Ferner oblag ihm die personelle Koordinierung der verfügbaren Arbeitnehmer vor Ort, nämlich die Einteilung von Arbeits- und Urlaubszeiten, die Zuweisung von Gerätschaften, die Überwachung und Führung der einzelnen Arbeitnehmer. Für Beförderungen und Gehaltserhöhungen konnte er Empfehlungen aussprechen, wie dies im Beförderungsvorgang um den Mitarbeiter S. in den Jahren 1992/93 geschah. Dem Betriebsstättenleiter war außerdem auch die Befugnis zum Ausspruch von "mündlichen Abmahnungen" erteilt. Zudem unterschreib der Betriebsstättenleiter bisweilen auch Arbeitsverträge und Kündigungen als Vertreter der Beklagten. Im Organigramm wird er als einer von 7 Verantwortlichen des "technischen Services" geführt, nicht jedoch als Teil des "Personalwesens".

Der Arbeitsort in Z. verfügte über einen eigenen Gerätepark und über eine eigene Materialausstattung. Er wurde im innerbetrieblichen Kostenwesen der Beklagten als eigener Kostenträger geführt und hatte eine eigene Steuernummer bei der Finanz- bzw. eine eigene Betriebsstättennummer bei der Arbeitsverwaltung.

Den Einsatz von Arbeitnehmern gestaltete die Beklagte derart, dass sie die für einen bestimmten Arbeitsort eingestellten Mitarbeiter an andere Arbeitsorte weitergab, sofern am eigentlichen Einstellungsort kurzfristig kein Beschäftigungsbedarf bestand. Die Arbeitsverträge enthielten deshalb eine unternehmensweite Versetzungsklausel. Dies war auch beim Kläger des vorliegenden Verfahrens der Fall. Um diese Einsatzverschiebung zu ermöglichen, gaben die örtlichen Betriebsstättenleiter der Zentrale in T. stets die nicht benötigten Arbeitnehmer namentlich an, woraufhin die Zentrale diese an andere Einsatzorte weitergab, Die Beklagte bezeichnet dieses Weitergabesystem als "Meldesystem".

Vom Unternehmenssitz in T. aus wurde auch die zentrale Personalverwaltung bestritten, das heißt: die Abrechnung von Löhnen vorgenommen, die Erstellung von Kranken- und Urlaibsscheinen ausgeführt, die Festsetzung von Lohnerhöhungen sowie von Weiterbildungs- und Schulungstätigkeiten vorgenommen und die Ausstellung von Arbeitspapieren erledigt. Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Leiter der Betriebsstätte in Z. die eigenmächtige Kompetenz zur Einstellung und zur Entlassung hatte.

Von den Kündigungen durch die Beklagte waren alle zuletzt am Arbeitsort Z. noch eingesetzten Arbeitnehmer betroffen; ausgenommen der Betriebsstättenleiter, Herr Lorenz. 12 Mitarbeiter wurden zum 31.1.2004, die übrigen Mitarbeiter bereits zum 31.12.2003 gekündigt. Nicht betroffen von der Kündigung waren allerdings 13 Mitarbeiter der Beklagten, die zwar ursprünglich für den Arbeitsort "Baustelle BASF Z. GmbH" eingestellt worden waren, seit längerem jedoch zu anderen Arbeitsorten, nämlich in O., in R., in P. und auch - an anderer Stelle - in Z. eingeteilt waren. Die Beklagte hat diese (namentlich vom Kläger benannten) Personen auch nach dem 31.1.2004 noch auf anderweitigen Baustellen fortbeschäftigt. Die Beklagte dieses Vorgehen mit ihrem unternehmensweiten "Meldesystem".

Der Kläger hat gegen seine Kündigung mit am 12.9.2003 eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben.

Er hat vorgetragen:

Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, weil weder ein dringendes betriebliches Erfordernis vorgelegen habe, noch eine ordnungsgemäße Sozialauswahl erfolgt sei. Hinsichtlich des fehlenden betrieblichen Erfordernisses verweist der Kläger auf den Umstand, dass die Beklagte auch nach dem 31.12.2003 vom Standort Z. aus unternehmerisch tätig geworden sei, und zwar in Gestalt der Mitarbeiter, die auf den Baustellen in O., R., P. und eben Z. fortbeschäftigt wurden. Es sei daraufhin in Abrede zu stellen, dass sich die Beklagte aufgrund der ausgebliebenen Verlängerung des Rahmenvertrages mit der "Baustelle BASF Z. GmbH" im Juli/August 2003 tatsächlich zur Stilllegung des dortigen Arbeitsortes entschieden habe. Die späteren Ereignisse wiesen eher darauf hin, dass eine entsprechende unternehmerische Entscheidung tatsächlich nie ernsthaft getroffen wurde. Ferner bemängelt der Kläger die nicht vorgenommene Sozialauswahl. Da die Beklagte alle wesentlichen unternehmerischen und personellen von der Zentrale in T. aus vorgenommen habe, sei von einer organisatorischen und funktionellen Eigenständigkeit des Arbeitsortes in Z. gerade nicht zu sprechen. Im Einzelnen verweist der Kläger dabei auf Beschränkungen des Betriebsstättenleiters in Z. im kaufmännischen Bereich (Einkauf und Beschaffung) wie auch im wirtschaftlichen Bereich (Einzelaufträge gegenüber der BASF Z.). Solange die Beklagte auch nach dem 31.12.2003 vom Standort Z. aus Arbeitnehmer fortbeschäftigt habe, habe ihr kraft Gesetzes die Verpflichtung zur Vornahme einer Sozialauswahl oblegen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 25.8.2003 aufgelöst wurde,

2. für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1.), die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31.12.2003 hinaus zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Obermonteur bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Die Einsatzstätte in Z. sei betrieblich eigenständig gewesen. Sie habe einen festen Bestand an Mitarbeitern und an technischem Gerät gehabt. Auch sei ihr Betriebsstättenleiter mit unternehmerischer Selbständigkeit ausgestattet gewesen. So habe er etwa eigenständig die Einzelaufträge gegenüber der BASF Z., wie auch gegenüber anderen Geschäftspartnern aushandeln und abgeben können. Weiterhin sei ihm auch eine personelle Kompetenz von nicht untergeordneter Bedeutung zugewiesen worden. Dass schließlich die im Frühjahr 2004 von Z. aus noch tätigen Mitarbeiter nicht in eine Sozialauswahl einzubeziehen gewesen seien, erkläre sich aus dem unternehmenseigentümlichen Meldesystem. Diese weiteren Arbeitnehmer seien nämlich während der vergangenen Zeit nicht mehr dem Standort Z., sondern ausschließlich anderen Orten zugewiesen gewesen. Wenn sie nun nach dem 31.12.2003 unter anderem noch in Z. tätig geworden seien, dann habe dies allein daran gelegen, dass es im Dezember 2003 mehrere krankheitsbedingte Ausfälle gegeben habe, so dass ein Restarbeitsbedarf noch im Frühjahr 2004 habe abgearbeitet werden müssen. Für diesen Restarbeitsbedarf habe die Beklagte im Rahmen des Meldesystems eigene wie auch Leiharbeitnehmer herangezogen. Hinsichtlich der unternehmerischen Lage der Beklagten sei zudem noch zu berücksichtigen, dass auch der Standort S zum 31.12.2003 habe geschlossen werden müssen, da der Rahmenvertrag mit der dortigen Firma D C über diesen Zeitpunkt hinaus nicht verlängert worden sei.

Das Arbeitsgericht T. hat der Klage mit Urteil vom 22.4.2004 (Aktenzeichen: 4 Ca 3717/03) statt gegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass § 1 Abs. 3 KSchG bzw. § 315 BGB verletzt sei. Da die Beklagte nämlich auch über den 31.12.2003 bzw. über den 31.1.2004 hinaus noch Arbeitnehmer am Standort Z. eingesetzt habe, sei es ihre Verpflichtung gewesen, die einzusetzenden Arbeitnehmer nach einer sozialen Auswahl zu sondieren. Da dies nicht geschehen sei, sei die erklärte Kündigung rechtsunwirksam.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 30.4.2004 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 26.5.2004, bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen am 27.5.2004, die Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30.6.2004, eingegangen am gleichen Tage per Fax, auch begründet.

Die Beklagte trägt zur Entkräftung des arbeitsgerichtlichen Urteils vor:

Die 13 ursprünglich am Standort Z. eingestellten und im Frühjahr 2004 noch weiter beschäftigten Mitarbeiter seien keine Arbeitnehmer des Betriebs in Z. gewesen. Das Arbeitsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass allein die einstmalige Einstellung für diesen Arbeitsort die fortwährende Betriebszugehörigkeit ausmache. Tatsächlich seien die benannten Arbeitnehmer nämlich von Z. aus wegversetzt und anderen Betrieben zugeordnet worden. Sie nun dennoch in die Sozialauswahl einbeziehen zu müssen, hieße die Auswahl auf das gesamte Unternehmen auszudehnen, was dem gesetzlichen Tatbestand gerade entgegenlaufe. Ferner habe zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches nicht abgesehen werden können, dass diese Mitarbeiter zur Abwicklung des Standortes Z. dort teilweise noch einmal zum Einsatz gebracht werden müssten. Schon aus diesem Grund habe eine Sozialauswahl im Hinblick auf sie nicht statt zu finden gehabt, sondern es sei, da alle betrieblichen Arbeitnehmer des Standorts der Kündigung unterlegen hätten, richtig gewesen, von einer sozialen Auswahl abzusehen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts T. vom 22.4.2004, Aktenzeichen 4 Ca 3717/03, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt ergänzend vor:

Weder die kaufmännische noch die unternehmerische Handlungsmöglichkeit des Betriebsstättenleiters in Z. sei hinreichend gewesen, um von einem eigenständigen Betrieb sprechen zu können. Auch sei keine eigenständige Leitung in personeller oder in sozialer Hinsicht am Arbeitsort ausgeübt worden. [Im Übrigen seien unter den 13 über den 31.1.2004 hinaus beschäftigten Mitarbeitern vom Standort Z. immerhin 6 Schweißer gewesen, die mit ihm ohne weiteres vergleichbar und dabei sozial schutzunwürdiger gewesen seien.] Dass es sich bei den 13 Mitarbeitern nach wie vor um Z.-Mitarbeiter handele, folge daraus, dass sie trotz Einsatzes an anderen Orten fortwährend die Entlohnung nach Z.r Grundsätzen zuzüglich entsprechender Auslöse-Vergütungen bekommen hätten (was unstreitig ist). Ferner habe es keine Betriesratsbeteiligung für deren Einsatz an anderen Orten im Sinne einer Mitbestimmung bei der Versetzung gegeben, was dagegen spreche, dass es sich hier um eine Weg-Versetzung vom Standort Z. gehandelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, auf die zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen wie auch auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.1.2005 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

A.

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels folgt aus § 64 Abs. 1, 2 und 6 sowie aus § 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO. Die Form- und Fristerfordernisse sind gewahrt.

B.

Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kündigung der Beklagten vom 25.8.2003 ist rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 und 3 Satz 1 KSchG). Die Beklagte ist daher verpflichtet, den Kläger weiterhin zu den vertragsgemäßen Bedingungen zu beschäftigen.

I.

Die rechtliche Unwirksamkeit der Kündigung folgt aus der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Kündigung. Eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ist nämlich nur dann zulässig, wenn der fragliche Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen tatsächlich fortfällt und eine Auswahl unter sozialen Gesichtspunkten die Kündigungsentscheidung zu Lasten eines bestimmten Mitarbeiters zusätzlich trägt.

1. Die Beklagte hat zwar den ihr obliegenden Nachweis dafür erbringen können, dass der klägerische Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen ist. Denn der Kläger war für den Arbeitsort Z. eingestellt und an diesem Ort auch vorwiegend beschäftigt; ferner entfiel sein Arbeitsbedarf durch den Wegfall des Rahmenvertrags zwischen der Beklagten und der BASF Z. zum 31.12.2003, worauf die Beklagte mit der unternehmerischen Entscheidung reagierte, die Arbeitnehmer, die zuletzt noch am Standort Z. beschäftigt waren, sämtlich zu kündigen. Anhaltspunkte für Willkürlichkeit oder für Unsachlichkeit dieser Entscheidung sind nicht zu erkennen. Auch steht die unternehmerische Entscheidung im engen Zusammenhang mit der im Sommer 2003 erkennbaren und greifbaren betriebswirtschaftlichen Entwicklung bei der Beklagten infolge des auslaufenden Rahmenvertrages.

2. Die Kündigung entspricht jedoch nicht der notwendig zu treffenden Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.

a) Diese Auswahl hatte betriebsbezogen zu erfolgen und horizontal vergleichbare Arbeitnehmer mit in den Blick zu ziehen, auf deren Arbeitsplatz der Kläger kraft des Direktionsrechts der Beklagten hätte eingesetzt werden können (BAG, 15.6.1989, NZA 1990, 85; 29.3.1990, NZA 1991, 181; 21.6.1995, AP Nr. 16 zu § 1 BetrVG 1972).

b) Bei der unternehmerischen Gestaltung der betrieblichen Organisation der Beklagten war allerdings der Betrieb i. S. des § 1 Abs. 3 KSchG nicht mit einer "Baustelle" oder einem "Arbeitsort" der Beklagten, also auch nicht mit der Arbeitsstätte in Z. und den dort zuletzt faktisch eingesetzten Arbeitnehmern gleich zu ordnen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

aa) Auch im Rahmen des § 1 Abs. 3 KSchG gilt der arbeitsrechtliche Betriebsbegriff, der sich dadurch auszeichnet, dass es sich um eine selbständige organisatorische Einheit zur Erreichung eines arbeitstechnischen Zweckes handelt (BAG, 21.6.1995, AP Nr. 16 zu § 1 BetrVG 1972; 20.8.1998, NZA 1999, 255; u. a.). Für die Beurteilung, ob es sich danach bei einer Betriebsstätte um einen "Betrieb" handelt, kommt es maßgeblich darauf an, ob die vom Arbeitgeber hergestellte organisatorische Einheit der Erreichung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zweckes dient. Prägend für eine derartige Einheit ist ein einheitlicher Leitungsapparat, dem die zentralen mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen, insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten obliegen (BAG, 14.9.1988, NZA 1989, 190; 29.5.1991, NZA 1992, 74; 20.8.1998, NZA 1999, 255).

bb) Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt an das Erfordernis einer einheitlichen Leitung hohe Anforderungen. Hierbei soll eine "relative" Selbständigkeit i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG nicht ausreichen, sondern eine "wesentliche" Selbständigkeit der Entscheidungen in personeller und in sozialer Hinsicht erforderlich sein (BAG, 21.6.1995, AP Nr. 16 zu § 1 BetrVG 1972; 20.8.1998, NZA 1999, 255). Erkennbare Indikatoren derartiger Leitungsmacht sind etwa: die selbständige Befugnis zur Vornahme von Einstellungen, von Entlassungen, zu Lohn- oder Gehaltsbestimmungen oder zu Urlaubs- und Arbeitszeitbestimmungen; das heißt - pauschaliert ausgedrückt - die vollumfängliche Personalleitungsbefugnis (LAG Düsseldorf, 20.5.1997, NZA-RR 1998, 111; Kania/Gilberg, NZA 2000, 678 [679]). Insbesondere im Baugewerbe ist diese Anordnungsmächtigkeit von der eines Baustellenleiters oder Poliers abzugrenzen, der zwar auch Einstellungen vornehmen und Entlassungen aussprechen darf, ferner auch Einsatz- und Urlaubspläne erstellt, dem jedoch keine umfassende Personalleitungskompetenz zugewiesen ist, und der mithin nicht die nötige Leitungsmacht besitzt (LAG Düsseldorf, 20.5.1997, NZA-RR 1998, 111).

Der Einsatzort des Klägers in Z. war vor diesem Hintergrund kein eigenständiger Betrieb, da dem dortigen Leiter die nötige umfassende Personalleitungskompetenz fehlte. Die Beklagte hat zwar dargelegt, dass der örtliche Leiter an der Einsatz- und Urlaubsplanung der eingesetzten Arbeitnehmer maßgeblich mitgewirkt hat und auch Arbeitsverträge unterschreiben bzw. Kündigungen ausfertigen durfte. Sie hat ferner klargestellt, dass ihm im Umgang mit dem Rahmenvertragspartner wie auch in Einzelfällen mit anderen Geschäftspartnern die Kompetenz zur Aushandlung von einzelnen Vertragsbedingungen unterlag. Nicht dargelegt wurde jedoch, dass die personalbezogene Tätigkeit des Betriebsstättenleiters vollständig unabhängig von der Zentrale in T. geschehen konnte, dass ferner dem örtlichen Leiter die Bestimmung des am Standort einzustellenden Mitarbeiterkegels anheim gestellt, oder gar die Disposition des Lohn- oder Gehaltsgefüges der Mitarbeiter übertragen worden war. Insofern gibt das vom Kläger vorgelegte Organigramm der Beklagten zu erkennen, dass die Personalverwaltung zentral in T. angesiedelt war, und es belegt der von dem Kläger zudem dargelegte Beförderungsvorgang um den Mitarbeiter S., dass die Letztentscheidungskompetenz eben jener zentralen Personalleitung in T. zustand und nicht dem örtlichen Betriebsstättenleiter in Z.. Dies wird auch durch die buchhalterische, steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Verselbständigung des Z.r Standortes nicht in Zweifel gestellt, da hierfür allein administrative Erleichterungen ursächlich waren, nicht hingegen arbeitsrechtliche Kompetenzverteilungen. Unter den strengen Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts ist mithin für den Arbeitsort Z. kein eigenständiger Betrieb im arbeitsrechtlichen Sinn anzunehmen.

cc) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man den Betriebsbegriff weitergehend interpretiert und etwa auf die Belegschaftsstruktur oder sogar auf die individualvertragliche Ausgestaltung gegenüber den Mitarbeitern abstellt, wie dies sinngemäß durch die Vorinstanz geschehen ist. Stellt man nämlich auf die Ordnung der Belegschaftsstruktur ab und bezieht in die Sozialauswahl die Arbeitnehmer mit ein, die an einem bestimmten Ort als "soziale Gemeinschaft" beschäftigt werden (so etwa: Kania/Gilberg, NZA 2000, 678 [680 f.]; KR/Etzel [Gemeinschaftkommentar zum Kündigungsschutzgesetz, 6. Aufl. 2002], § 1 KSchG Rz. 139), so fallen in die Sozialauswahl alle vertraglich an einem Ort Beschäftigten, und zwar unabhängig davon, ob sie kurzfristig auswärts eingesetzt sind oder ständig an einem Ort verbleiben. Der Arbeitgeber muss sich insofern an der von ihm kraft Individualvertrags geschaffenen Betriebsstruktur festhalten lassen und kann sich nicht etwa durch "taktische" Umsetzungsstrategien der Wahrung des sozialen Besitzstands der Arbeitnehmer entziehen. Mithin wären hiernach auch die 13 Mitarbeiter, die ursprünglich am Standort Z. eingestellt wurden, in die Sozialauswahl einzubeziehen gewesen. Indem die Beklagte dies unterließ, verstieß sie gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG.

dd) Nichts anderes folgt schließlich auch dann, wenn man mit der jüngsten Tendenz obergerichtlicher Rechtsprechung die Sozialauswahl sogar anhand der vertraglichen Versetzbarkeit bemisst und damit alle Arbeitnehmer einer Auswahl unterzieht, auf deren Arbeitsplatz der Gekündigte hätte kraft Direktionsrechts eingesetzt werden können (so: LAG Köln, 9.2.2004, 2 [10] Sa 982/03, juris). Denn in diesem Fall wäre aufgrund der unternehmensweiten Versetzungsklausel und der entsprechenden Handhabe in Gestalt des praktizierten "Meldesystems" der Beklagten die soziale Auswahl auf alle vergleichbaren Mitarbeiter des Unternehmens zu beziehen gewesen. Die Kammer lässt offen, ob diese Ansicht mit dem Inhalt des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG noch in Einklang zu bringen ist.

c) Gegen dieses nach allen Ansichten somit bestehende Erfordernis einer sozialen Auswahl hat die Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger verstoßen, indem sie keinerlei soziale Erwägungen anstellte und auch im Gerichtsverfahren keine Auswahlgesichtspunkte mehr nachgetragen hat. Es kann dabei dahin stehen, ob all von der Beklagten in ihr "Meldesystem" eingestellten vergleichbaren Arbeitnehmer in die Auswahl hätten mit einbezogen werden müssen, oder bloß jene, die als ursprünglich am Arbeitsort Z. eingestellten Arbeitnehmer benannt worden sind. Denn mindestens deren Arbeitsverhältnisse, haben sich, wie das Arbeitsgericht zutreffend befunden hat, nicht vollständig aus dem personellen Zusammenhang des Arbeitsortes Z. herausgelöst, und zwar weder durch einen veränderten vertraglichen Arbeitsort noch durch eine abgeänderte vertragliche Vergütung. Solange die Beklagte nämlich diese Mitarbeiter nach Z.r Grundsätzen vergütet und ihnen weiterhin Auslöse zum Standort Z. zahlt, gibt sie selbst zu erkennen, dass sie jene Mitarbeiter personell noch dem Arbeitsort in Z. zugewiesen hat. Infolge dessen war es notwendig zumindest auch diese Mitarbeiter noch in eine Sozialauswahl mit einzubeziehen. Da die Beklagte dies nicht tat, war die Kündigung nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 KSchG unwirksam.

II.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch folgt aus § 611 BGB, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 25.8.2003 zum 31.12.2003 aufgelöst wurde (BAG, 27.2.1985, NJW 1985, 2968; 12.2.1992, NZA 1993, 177).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 2 ArbGG.

D.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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